Architektur Forum Ostschweiz

Zeiten überbrücken

185 Jahre Brücken­bau­kunst repräsen­tiert die drei­teilige Thur­brücke in Eschi­kofen. Sie ist das älteste Brücken­bau­werk im Thur­gauer Kantons­strassen­netz und war für knapp 100 Jahre die wichtigste Verkehrs­ver­bindung im Kanton. Kürzlich wurde die Brücke saniert.

Beitrag vom 3. Januar 2025

Text: Theresa Mörtl

  • Bild zum Beitrag Blick auf den hölzernen Mittelteil der historischen Thurbrücke von Eschikofen.
  • Bild zum Beitrag Nach dem Bau einer modernen Betonbrücke in der Nähe wurde die Brücke zum Übergang für den Langsamverkehr.
  • Bild zum Beitrag Die Brückenkonstruktion mit den baugeschichtlich wertvollen Zores-Eisen musste von Grund auf restauriert werden: Die Träger waren korrodiert, und die Holzpfähle unter Pfeilern und Widerlagern faulten.
  • Bild zum Beitrag Während sich eine Holzkonstruktion über die Thur schwingt, handelt es sich bei den beiden über Land verlaufenden Brückenteilen um elegante Stahlkonstruktionen.
  • Bild zum Beitrag Neben einigen Trägern wurde die komplette Fahrbahn ausgetauscht. Ausserdem wurde die Stahlkonstruktion in einem auffälligen Rotton lackiert.
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Die Strecke von Frauen­feld über Wein­felden bis zum oberen Boden­see stellt seit jeher eine über­regional bedeutende Ost-West-Ver­bindung dar. Mit der 1837 errichteten Holz­brücke in Eschi­kofen entstand die kürzeste Transit­route. Auf­grund mehrerer Hoch­wasser und der Korrek­tur des Thur­verlaufs wurde der hölzerne Über­gang Ende des 19. Jahrhunderts nördlich durch eine soge­nannte Vorland­brücke aus Stahl erweitert. So nennt man den Brücken­teil, der noch über Land verläuft. Jedoch zerstörte nur wenige Jahre später ein verhee­rendes Hoch­wasser die Stahl­konstruktion und den zugehörigen Zufahrts­damm, weshalb die bisherige Vorland­brücke ver­längert werden musste. Die his­torische Holz­brücke hingegen über­stand diese Natur­katastrophe einiger­massen un­beschadet.

Mitte des 20. Jahr­hunderts wurde dann 250 Meter weiter fluss­ab­wärts die erste gros­se Spann­beton­brücke der Schweiz von dem Ingenieur Emil Schubiger errichtet. Fortan war die Eschikofer Brücke für Fuss­gänger­innen und Rad­fahrer ge­öffnet. Trotz dieser Um­nutzung ist der drei­teilige Bau als eine der wenigen im Inventar der histo­rischen Verkehrs­wege der Schweiz (IVS) ver­zeichneten thurgau­ischen Kunst­bauten er­halten ge­blieben. Die Kombi­nation ver­schiedener Konstruk­tionen und Materi­alien macht bei dieser Brücke die Ent­wicklung des Ingenieur­baus und die Brücken­bau­kultur an­schaulich. Mit finan­zieller Unter­stützung durch das Bundes­amt für Strassen ASTRA wurde das Bau­denk­mal im letzten Jahr wieder instand gesetzt.

Spuren der Zeit

Brücken verbinden, was Wasser trennt – gleich­zeitig stellen das Wasser und die übrigen Natur­gewalten eine grosse Be­drohung für Brücken­bauten dar. Das zeigte sich auch an den stählernen, je 110 Meter langen Vor­land­brücken in Eschi­kofen: Während sich der histo­rische über­dachte Holz­teil noch immer in gutem Zu­stand befindet, waren die jüngeren Er­wei­terungen aus Stahl von Wind und Wetter schwer ge­zeichnet. Alterungs­prozesse hatten den Ober­flächen zugesetzt. Die durch Ver­witterung und Korro­sion ent­standenen Schäden mussten behoben werden.

Besondere Aufmerksam­keit erhielt bei der Restau­rierung die erste Vor­land­brücke aus dem Jahr 1885, deren originale Eisen­profile der Fahr­bahn, so­genannte Zores-Eisen, von einem ganz besonderen bau­kulturel­len Wert sind. Sichtbar sind sie nur bei einem seitlichen Blick auf den Fahr­bahn­auf­­bau – eine un­gewöhn­liche Perspektive, die dank des Brücken­verlaufs über Land möglich ist. So bemerkens­wert der Auf­bau ist, er bildet zu­gleich die Schwach­stelle der Kon­struk­tion: Durch die Risse der Fahr­bahn­platte ist über die Jahre hinweg chlorid­haltiges Wasser ein­ge­drungen und hat die darunter­liegenden Quer- und Längs­träger der Eisen­konstruktion an­ge­griffen. Auch die Holz­pfähle sind gefault, wo­durch die Tiefen­funda­tionen der Pfeiler und Wider­lager nicht mehr intakt waren. Ausserdem waren die Brücken­teile fast acht Zenti­meter ver­schoben, weil Wider­lager ver­kippt sind.

Alt trifft neu

Der Korrosionsschutz musste erneuert werden. Ein End­quer­träger und fünf kleinere Konsol­träger sowie die gesamte Fahr­bahn wurden aus­ge­tauscht, auch mehrere Beton­elemente und sämtliche Lager wurden in­stand gesetzt. Die Ver­schiebung des Brücken­ober­baus von zwei­einhalb beziehungs­weise acht Zenti­metern wurde kor­rigiert. Jetzt folgen die Brücken wieder ihrem ur­sprüng­lichen Ver­lauf.

Ihre ursprüngliche Erscheinung blieb er­halten, jedoch wurden aktuelle Material­standards berück­sichtigt, um das Bau­werk für die Zukunft fit zu machen. Das Ingenieur­büro Conzett Bronzini Partner aus Chur hat im Rahmen der Instand­setzung die un­dichten Fahr­bahn­platten gegen eine neue, dün­nere Variante aus­ge­tauscht und diese mit einem zement­gebundenen Ultra-Hoch­leistungs-Faser­ver­bund-Bau­stoff (UHFB) über­gossen. Diese Aus­führung schützt die Stahl­konstruk­tion vor ein­dringen­dem Wasser, lässt vor­handenes Wasser kontrolliert ab­fliessen und spart noch dazu Ge­wicht: Die Dauer­lasten an der Ober­kante der Pfeiler und der Wider­lager konnten um 35 Prozent ver­ringert werden. Diese Gewichts­reduktion er­möglichte es, die Längs­träger weiter­zu­verwenden – trotz ihrer aufgrund der Alterung ver­minder­ten Trag­fähig­keit. So musste auch das Tiefen­funda­ment nicht er­neuert werden. Aus­getauscht wurden hin­gegen Pfeiler und Wider­lager.

Dank der um­fang­reichen Sanierungs­arbeiten bleibt das histo­rische Brücken­ensemble als präg­nante Land­marke in­mitten der grünen Land­wirtschafts­zone ent­lang des Ufers der Thur er­halten. Und es zieht mit neuer Farbe die Blicke auf sich: Mit einer auf­fallend roten Lack­ierung wurde dem Ensemble ein unver­kenn­barer Charakter ver­liehen. Das hebt die Ästhetik der Konstruk­tion noch­mals hervor. Und es unter­streicht die bau­kulturel­le Besonder­heit der Brücken­trilogie sowie die geschicht­liche Be­deutung der Fluss­querungen in der Thur­land­schaft.

Bildnachweis

Ladina Bischof

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