Vortrag von Erik Wegerhoff, im Anschluss Podiumsdiskussion mit Regula Iseli und Niklaus Reichle, moderiert durch Katrin Eberhard.
Das Auto, da waren sich die Modernisten einig, war unterwegs in die Zukunft. Filippo
Tommaso Marinettis Manifest des Futurismus von 1909 ging eine rasante nächtliche
Autofahrt voran, und Tamara de Lempicka portraitierte sich selbst 1929 in einem grünen
Bugatti. Fragt man nach der postautomobilen Zukunft der Stadtgestaltung, muss man sich
zunächst mit der modernen Autobegeisterung auseinandersetzen, die heute im urbanen
Alltag als scheinbar unüberwindbarer Atavismus fortzuleben scheint. Das Referat widmet
sich den Automobil-beflügelten Theorien des Berliner Architekten Erich Mendelsohn, der
meinte, Bauten aus Eisenbeton seien von einer «Eisenenergie» ergriffen, die sich auch im
bewegten Verkehr ausdrücke; dem Zürcher Hochhaus zur Palme von Haefeli Moser Steiger
(1964) mit seiner weit auskragenden Autorampe zum eleganten Dachparkplatz; und
abschliessend der Strada Novissima, die auf der Architekturbiennale Venedig 1980 den Weg
in eine fussläufige Zukunft zu weisen schien, sich als postmodernes Proekt jedoch zugleich
vom Zukunftsglauben generell verabschiedete. Offenbar wird dabei ein Dilemma: Es scheint,
dass mit dem Abschied vom Auto auch der Abschied von der Zukunft einhergeht. Seit den
1980er Jahren leben wir in einer Zeit ohne die grossen Narrative, und heutigen Utopien,
wenn es sie überhaupt noch gibt, haftet oft ein schaler Geschmack der Unglaubwürdigkeit
an. Gibt es einen Ausweg aus der automobilorientierten Stadt, und wenn ja, mit welchen
Ideen und welchem Verkehrsmittel?
Eintritt CHF 10.– / Mitglieder AFO Eintritt frei
Gratis Studenten-Mitgliedschaft
Erik Wegerhoff
Erik Wegerhoff, geboren 1974, studierte Architektur in Berlin und London und war Forschungsstipendiat der Bibliotheca Hertziana in Rom. An der ETH Zürich wurde er bei Andreas Tönnesmann promoviert.
Von 2010 bis 2017 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU München am Lehrstuhl für Theorie und Geschichte von Architektur, Kunst und Design und von 2017 bis 2021 Oberassistent an der Professur für Geschichte und Theorie der Architektur an der ETH Zürich.
Seit Februar 2024 ist er Professor für die Geschichte der Baukultur an der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW in Muttenz.