Zeichnen und Modellbauen sind Ersatzhandlungen, denn wir bauen nicht selbst. Die Freude am Bauen erleben wir nur indirekt, wenn wir zeichnen oder Modelle bauen.
Zeichnen und Modellbauen sind verwandt, denn wir empfinden dasselbe; ob wir mit einer Linie ein Blatt Papier unter Spannung setzen oder ob wir ein Stück Pappe mit einem Cutter präzise in zwei Teile schneiden. In beiden Fällen entstehen aus Linien neue Flächen, und diese Flächen erhalten wunderbare neue Ränder voller Schärfe und Spannung. Diese köstliche Spannung eines frisch geschnittenen Stückes Pappe entdecken wir wieder auf einem Blatt Papier, auf dem Linien eine Fläche mit schmerzhafter Konsequenz umreissen. Wenn das Modell sich beginnt zu schliessen, was können wir dann tun? Wenn die Zeichnung unter der Last der vielen Linien schwerfällig wird und droht zu verstopfen? Dann nehmen wir den Cutter und schneiden Öffnungen in das Modell, so dass es wieder atmen kann. Und wie helfen wir der Zeichnung? Wir öffnen das Fläschchen Tipp-Ex und übermalen das Dickicht suchender Linien mit deckender weisser Farbe. Glücklich erfreuen wir uns an der neu gefundenen lichten Ruhe unserer Zeichnung.
Thomas Padmanabhan und Oliver Lütjens
Katharina Immekus ist Lehrbeauftragte Bild an der ArchitekturWerkstatt St.Gallen